
Palliative Care - Sterbebegleitung
„Das Leben ein Traum?
Das Sterben ein Erwachen?“
Leo Tolstoi
Wenn wir die fünf meistgenannten Aussagen von Sterbenden Menschen ansehen, kann das Sterben wirklich als eine Art des Erwachens betrachtet werden:
- Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, mein eigenes Leben zu leben
- Ich wünschte, ich hätte nicht so viel gearbeitet
- Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, meine Gefühle auszudrücken
- Ich wünschte, ich hätte den Kontakt zu meinen Freundinnen und Freunden aufrechterhalten
- Ich wünschte, ich hätte mir erlaubt, glücklicher zu sein
Diese Aussagen zeigen uns, dass in der letzten Lebensphase bis zum Übergang in die Anderswelt oft noch Versöhnung und Vergebung von Nöten sind. Sei es sich selbst gegenüber oder Mitmenschen. Auch kann man daraus schliessen, dass es sehr wertvoll sein könnte, sich bereits in jungen Jahren darüber Gedanken zu machen, was wäre, wenn man nicht mehr lange zu Leben hätte. Was wäre einem selbst wichtig noch erleben zu dürfen, aufzuräumen, loszulassen oder dem Weg der Freude zu folgen? Allgemein könnte es sich auch immer wieder lohnen, über seine eigene Lebensqualität nachzudenken. Meiner Meinung nach, ist sie für jede Person etwas anderes und kann sich laufend ändern. Bei einer sterbenden Person ist jedoch wichtig herauszufinden, was für sie aktuell Lebensqualität bedeutet. Nun zum Thema, was Palliative Care überhaupt ist:
Nach der WHO ist Palliative Care ein Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität von Klientinnen und Klienten und ihren Familien, die mit Problem konfrontiert sind, welche mit einer lebensbedrohlichen Krankheit einhergehen. Dies geschieht durch Vorbeugung und Linderung von Leiden durch Früherkennung, sorgfältiger Einschätzung und Behandlung von Schmerzen und anderen Problemen körperlicher, psychosozialer und spiritueller Art.
Palliative Care beginnt grundsätzlich im hohen Alter oder sobald klar ist, dass eine Krankheit zum Tod führen wird. Differenzierter angesehen, beginnt die End of Life Phase, wenn noch Wochen bis Monate zu leben verbleiben. Sind noch Tage bis Stunden zu leben, dann spricht man von der Terminalen Phase.
In dieser Zeit können Angst vor Schmerzen, Atemnot, Übelkeit, Entstellung und Verwirrtheit auftreten. Im seelischen Bereich können Stimmungsschwankungen, Wut, Angst vor der Angst, Angst die Würde oder Autonomie zu verlieren, den Alltag begleiten. Im Sozialen können verschiedene Themen den sterbenden Menschen bedrücken. Mögliche Themen sind zum Beispiel die Angst vor dem Alleinsein, vergessen zu werden oder jemandem zur Last zu fallen. Es könnten sich auch Abhängigkeitsgefühle einstellen oder Konflikte auftreten. Zu beachten gilt auch der spirituelle und existentielle Bereich. Hier geht es um Fragen nach dem allgemeinen Sinn des Lebens und der des persönlichen Lebens. Dabei zählen auch religiöse Ängste dazu. Bei den existenziellen Fragen geht es um die Isolation (Einsamkeit durch das Alleinleben oder trotz maximaler hergestellter Nähe zu anderen Menschen), Freiheit, Erlöschen des eigenen Selbst und des Bewusstseins, Angst vor dem Unbekannten und wie man „richtig“ stirbt.
Schamanische Rituale und Pflanzen helfen Themen zu lösen, begleiten durch schmerzhafte Situationen und nehmen die Angst vor dem Sterben.
Jeder sterbende Mensch soll die Möglichkeit haben, seine Gedanken und Sorgen aufzuklären. Es bedeutet auch, sich seinen Schattenseiten zu stellen und genau hinzuschauen. Auch wenn es zuerst schmerzhaft sein kann, lohnt es sich. Es gilt also, die Möglichkeit zu nutzen und Altlasten zu klären, bevor die Schwelle in die andere Welt angetreten wird. Es ist dabei sehr hilfreich und befreiend, sich mit nachfolgenden Themen auseinander zu setzen:
- Was möchten ich gerne loslassen?
- Was wollten ich schon lange einmal sagen?
- Was liegt mir am Herzen?
- Was liegt mir auf dem Herzen?
- Ich gebe mir Raum um Gefühle wie Trauer, Wut, Verzweiflung, Ohnmacht, Hoffnungslosigkeit und Verlassenheit anzuerkennen.
- Ich verarbeite das eigene Leben (Biographiearbeit) und spreche über unerledigte Gegebenheiten (Schuldgefühle, Vergebung sich und anderen gegenüber) und lösen diese.
- Wenn ich der Sinn des Lebens noch nicht gefunden habe, begebe ich mich auf die Sinnsuche oder erkenne die Sinnverschiebung.
- Ich hebe meine Einmaligkeit des eigenen Lebensweges hervor und anerkenne meine Lebensleistung.
- Ich überlegen mir, was ich weitergeben will (Wissen, Erinnerungen, Gegenstände mit Bedeutung), in welcher Form ich dies tun will (z.B. Brief, Buch, gestaltet Gegenstände) und für welche Personen.
- Was will oder kann ich noch Selbsterleben?
- Ich thematisiere meine Zukunftsangst, Ängste vor dem „Hinübergehen“ und äussere Wünsche und Hoffnungen.
- Ich teile mit, von wem ich noch Zeit für aktives Zuhören, achtsame Präsenz, Gespräche und Beratung bei emotionalen, philosophischen Fragen benötige.
- Welche Rituale helfen mir?
- Ich thematisiere und finde Jenseitsvorstellungen.
- Ich finde Frieden und tauche in die Schönheit der Natur ein.
Durch meine langjährige Erfahrung in der Begegnung mit Menschen in ihrem letzten Lebensabschnitt, ist es mir möglich mit einer Sterbebegleitung zu unterstützen. Sei es mit Gesprächen, Ritualen oder herstellen von gestalterischen Erinnerungsstücken für wichtige zurückbleibende Menschen. Ich bin eine sehr empathische, wertschätzende und achtsame Person. Echtheit und Offenheit ist mir wichtig. Nur so kann eine Vertrauensbasis geschaffen werden. Durch meine schamanische Weiterbildung kann ich die sterbende Person auch zur Schwelle in die Anderswelt begleiten. Dafür sind ein gegenseitiges Kennenlernen und offene Gespräche, notwendig.
Meine Haltung richtet sich nach den Schlüsselaspekten bei der Sterbebegleitung:
- Eine möglichst hohe individuelle Lebensqualität ermöglichen
- Mit Respekt und Empathie der Würde, Autonomie begegnen und die Biografie, Werte und Überzeugungen achten
- Orientierung an der betroffenen Person
- Linderung der belastenden Symptome (körperlich, psychisch, sozial, kulturell und spirituell)
- Den einzelnen Menschen als Teil eines sozialen Beziehungsgeflechts sehen (Einbezug von Angehörigen)
- Zur letzten Phase des Lebens und zum Sterben gehört das Abschiednehmen für alle Beteiligten (Abschiedskultur)
- Das Sterben gehört zum Leben
Zum Schluss: Es ist sehr wichtig, sich schon in jungen Jahren mit dem Thema Tod zu befassen. In unserer Kultur ist dies oft zu einem Tabuthema geworden. Nimm dir einen Moment Zeit und beantworten für dich die folgende Frage:
Was ist ein „guter“ Tod?
Die meist genannten Antworten sind:
- Wissen, wann der Tod kommt und verstehen, was zu erwarten ist
- Kontrolle über das Geschehen behalten
- Würde und Privatsphäre zugestanden bekommen
- Gute Behandlung der Schmerzen und anderen Symptome
- Die Wahl haben, wo man sterben möchte
- Alle nötigen Informationen bekommen
- Jede spirituelle und emotionale Unterstützung für die Sinnfrage
- Hospizbetreuung überall
- Bestimmen können, wer am Ende dabei sein soll
- Vorausbestimmen, welche Wünsche respektiert werden sollen
- Zeit haben für den Abschied
- Gehen können, wenn die Zeit gekommen ist, keine sinnlose Lebensverlängerung erleiden
(gem. R. Sith. BMJ, 2000)